AVIVA-Berlin >
Public Affairs
AVIVA-BERLIN.de im Dezember 2024 -
Beitrag vom 25.11.2020
25. November 2020: Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen – Veröffentlichung des djb-Berichts zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland
AVIVA-Redaktion
Jeden dritten Tag tötet ein Mann in Deutschland seine (Ex-)Partner*in, jeden Tag versucht es einer. Am Internationalen Tag zur Bekämpfung von Gewalt an Frauen veröffentlicht der Deutsche Juristinnenbund e.V. (djb) seinen Bericht zur Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland. Nach Analyse des djb besteht noch Umsetzungsbedarf im Hinblick auf die Vorgaben aus sämtlichen Bereichen der Konvention.
In diesem beleuchtet er besonders dringenden Umsetzungsbedarf im Hinblick auf die Vorgaben der Konvention. Anlass des Berichts ist die anstehende Überprüfung der Einhaltung der Vorgaben der Konvention in Deutschland durch das Expert*innen-Gremium zur Überwachung der Umsetzung der Istanbul-Konvention durch die Vertragsstaaten (GREVIO).
Prof. Dr. Maria Wersig, Präsidentin des djb, erklärt: i>"Es ist noch Einiges zu tun, bis die Istanbul-Konvention in Deutschland vollständig umgesetzt ist und wirklich alle Frauen von den darin vorgesehenen Schutz- und Unterstützungsmaßnahmen im Fall von geschlechtsspezifischer Gewalt profitieren können."
Die Vorsitzende der djb-Strafrechtskommission Dr. Leonie Steinl, LL.M., fügt hinzu: "Es fehlt sowohl im rechtlichen Umgang als auch in der Gesellschaft an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit dem Thema geschlechtsspezifischer Gewalt. Das ist nicht hinnehmbar. Es bedarf eines ganzheitlichen Ansatzes, wie ihn die Istanbul-Konvention vorsieht. Gewalt gegen Frauen gehört ganz oben auf die politische Agenda. Nicht nur am 25. November."
Nach Analyse des djb besteht noch Umsetzungsbedarf im Hinblick auf die Vorgaben aus sämtlichen Bereichen der Konvention: Dies betrifft etwa den Bereich der Prävention, insbesondere bei Partnerschaftsgewalt sowie das Recht auf umfassenden Schutz, Unterstützung und Beratung von gewaltbetroffenen Frauen und deren effektiven Zugang zum Recht. Effektiver Gewaltschutz muss insbesondere auch für Migrantinnen und geflüchtete Frauen gelten. Außerdem ist eine Schließung von gesetzlichen Schutzlücken – unter anderem im Bereich Zwangssterilisationen und psychischer Gewalt – erforderlich. Zudem besteht noch erheblicher Umsetzungsbedarf, was die Anforderungen an eine effektive, geschlechtsbewusste Strafverfolgung angeht. Um die Implementierung der Istanbul-Konvention auch strukturell zu garantieren, braucht es darüber hinaus unabhängiges Monitoring, entsprechende Forschung und umfassende Datenerhebung.
Die Istanbul-Konvention enthält einen umfassenden Begriff geschlechtsspezifischer Gewalt. Erfasst sind alle Handlungen, die zu körperlichen, sexuellen, psychischen oder wirtschaftlichen Schäden oder Leiden bei Frauen führen oder führen können, wobei die häusliche Gewalt explizit und exemplarisch genannt ist. Dem wird die rechtliche und tatsächliche Situation in Deutschland bisher nur teilweise gerecht, wie der djb in seinem Bericht erläutert. Auch das Ausmaß häuslicher Gewalt ist noch immer nicht ausreichend im gesellschaftlichen Bewusstsein verankert.
Nach der kürzlich veröffentlichten kriminalstatistischen Auswertung von Partnerschaftsgewalt für das Jahr 2019 wurden insgesamt 141.792 Menschen in Deutschland Opfer von Partnerschaftsgewalt, davon sind 81 Prozent Frauen und von diesen Frauen wurden 307 Opfer von versuchten oder vollendeten Tötungsdelikten, 107 von ihnen starben. Vor diesem Hintergrund sind die Beratungs- und Unterstützungssysteme für gewaltbetroffene Mädchen und Frauen weder ausreichend gesichert noch als staatliche Pflichtaufgaben verankert.
"All das muss sich dringend ändern! Schutz vor geschlechtsspezifischer Gewalt inklusive Prävention und Unterstützung sowie Entschädigung der Betroffenen sind kein Luxus, der in Zeiten strapazierter öffentlicher Kassen leider zurücktreten muss, sondern eine Pflichtaufgabe im jeweiligen Zuständigkeitsbereich von Bund, Ländern und Kommunen.", resümiert Wersig.
Der Bericht ist abrufbar unter: www.djb.de
Weiterlesen auf AVIVA-Berlin:
25. November 2019. Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen. #istanbuldurchsetzen. Istanbul-Konvention in Deutschland vollständig umsetzen. Online-Petition gegen häusliche Gewalt. Start der Initiative Stärker als Gewalt
Durchschnittlich jeden Tag wird eine Frau in Deutschland von ihrem (Ex-)Partner lebensgefährlich attackiert, jede Woche sterben dabei drei Frauen. Die Berliner Polizei hat in 2018 15.368 Fälle von häuslicher Gewalt erfasst, darunter waren 10.005 Frauen. Die Unterstützungsstruktur für gewaltbetroffene Frauen durch Schutzhäuser und Fachberatungsstellen ist weder flächendeckend noch allgemein zugänglich ausgestaltet sowie nicht angemessen finanziert. Aktionen sowie Stimmen zum Internationalen Tag NEIN zu Gewalt an Frauen auf AVIVA-Berlin im Überblick. Außerdem im AVIVA-Beitrag: Anlaufstellen bei Gewalt gegen Frauen. (2019)
Geschlechterdimension von Hate speech und digitaler Gewalt - der djb sieht Handlungsbedarf angesichts aktueller Anhörung zum NetzDG
Der deutsche Juristinnenbund (djb) übt Kritik an den nur langsam voranschreitenden Änderungen des NetzDGs, die am 15. Mai 2019 erneut diskutiert wurden. AVIVA-Berlin veröffentlicht die wesentlichen Kritikpunkte und Forderungen. (2019)
Zum Internationalen Tag NEIN zu Gewalt an Frauen am 25. November 2018 und darüber hinaus
Häufiger als jeden dritten Tag wird in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Das belegt die Kriminalstatistische Auswertung zu Gewalt in Partnerschaften im Jahr 2017 TERRE DES FEMMES ruft zu weltweiter Fahnenaktion auf. Das Motto der diesjährigen Fahnenaktion lautet: "Jetzt Mädchen stärken! #esistnichtallesrosarot." Übersicht und Aktionen sowie Stimmen zum Internationalen Tag NEIN zu Gewalt an Frauen auf AVIVA-Berlin im Überblick. Außerdem im AVIVA-Beitrag: Anlaufstellen bei Gewalt gegen Frauen. (2018)
Quellen: Deutscher Juristinnenbund e.V.,